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Samstag, 2. Februar 2013

Freitag der 13te



Es war 21 Uhr, als Herr K. auf seine Uhr schaute, während der Regen auf die Motorhaube seines Kleinwagens prasselte, den er vor dem nicht gepflegten Hotel parkte, in der jeden Freitag um Punkt 0 Uhr seine Eroberung abschleppte. Für ihn nicht viel mehr als ein Zeitvertreib.


Wer in seiner linken Manteltasche „Unzeitgemäße Betrachtungen“ von Nietzsche vermutet hätte, der hätte richtig getippt, wenn er darauf schloss, dass er deshalb Philologie studiert, wie der gleichnamige Autor "Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben", der hätte ebenfalls recht gehabt. Seine Tagesabläufe waren bereits routiniert, was während der Studienzeit eigentlich fast unmöglich war, aber Herr K. war ein sehr strukturierter Mensch. 


Um 21.30 würde er an der Bushaltestelle in Sichtweite sein und 10 Minuten später würden mindestens zwei Personen dort stehen, die den vorletzten Bus nach Hause nehmen. Der Erwartungswert, dass eine Frau dabei war, lag bei eins. Die Geschäfte hatten hier bis 22 Uhr auf, sodass es ihm noch einige Zeit blieb sich sonst ein weiteres Spielzeug zu suchen, falls seine Berechnungen nicht aufgingen. Sein Zeitplan würde dann zwar ein wenig straffer ausfallen, aber es wäre immer noch möglich ihn einzuhalten. Das Einhalten von seinen Plänen, war stets seine oberste Maxime gewesen. Seine Nachbarn scherzten, dass man nach ihm die Uhren stellen konnten.


„Unterm Dach mag’s aussehen wie es will, solange Gott es hat Parterre nicht fehlen lassen hat“(Friedrich Schiller), dachte sich der 23 Jahre junge Student. Er stand in Sichtweite, an der Bushaltestelle stand eine Frau mit langen braunen Haaren, die sich untergestellt hatte und ihre Einkauftüten in der Hand hielt. Sie wirkte etwas unscheinbar, als sie dort so selbstbeschäftigt steht und auf den Fahrplan schaut. Er hatte vor, sie mit seiner Schulter zu streifen, sodass sie Einkäufe runterfielen, sich zu entschuldigen und ihr anbieten, die Sachen sofort zu entstehen. Auf dem 300 Meter weg hatte dann genug Zeit sie von sich zu überzeugen. Dies gehörte zu den wahrscheinlich schlechtesten Ideen, die er jemals hatte. Selbst die Aktion eine Frau sein Handy zu geben, während sich die Tür der U-Bahn schließt und sie dann anzurufen, dass sie sich treffen müssen, weil sie sein Handy hat, wäre sogar noch besser, als diese hier. Aber sein egozentrisches Weltbild ließ keine Selbstreflektion mehr zu, dass auf der jahrelangen positiven Erfahrungen mit Frauen beruhte, und dachte, dass er um Punkt 0 Uhr, wieder jemand neben sich einschläft und er diese dann ungeahnt allein lassen kann. Er hatte alles vorausgeplant. Er zückte sein Buch aus der linken Manteltasche und tat so als würde er lesen. Dann passierte es;

wie zwei Trabanten, prallten sie aufeinander, das Buch fiel zu Boden, wie auch ein paar Einkäufe. Sofort hebte er eine Tasche auf und gab es ihr mit einem vielsagendes Lächeln. Verlegen kratze er sich am Kopf und entschuldigte sich, mit einer gespielten Unsicherheit.


Es klappte und Herr K. konnte sie tatsächlich überzeugen, ihm zum nächsten kleinen Tante Emma Laden zu folgen. Dort kannte man ihm bereits und würde das Geld wechseln müssen, sodass sie den Bus verpassen würde, dafür bekam der Kassier neben netten Geschichten, eine kleine Summe Geld.
Die ersten 100 Meter, alles läuft perfekt, er hat das Gespräch im Griff und sie tauschten sich oberflächlich über alternative Ideen im System aus und thematisiert, die Liquid Democracy, während sie die fehlende politische Bildung dagegen setzt und es nicht als Lösung des Problem sieht. Er findet ebenfalls heraus, dass sie 19 ist und die 12 Abschluss Klasse eines Gymnasiums besucht.


Auf den nächsten 100 Meter, bemerkt er wie sie ihn immer mehr von Idee ansteckt, dass Nietzsches Grundgedanken stimmen, auch wenn er immer stets darum bemüht ist sie zu widerlegen, schafft sie es ihn zu überzeugen.


Auf den letzten 100 Metern, kam wie es kommen musste, sie sprachen doch übers Wetter, obwohl er solche oberflächlichen Gespräche verabscheute und die maximal eine Pseudo-Philosophie beinhalten konnte. Klebte er fasziniert an ihren Lippen, während ihre blauen Kristalle in ihren Augen seine Seele einfingen.


„Regen ist doch im gesellschaftlichen Konsens etwas Schlechtes? Ob in der Symbolik, also ich meine als Metapher oder wie das auch immer heißt.“, begann sie unsicher die Sachlage darzulegen, während er ihr nur zunickte und sanft lächelte. Und schmückte ihre Gedankengänge dann weiter aus: “ Dabei ist Regen, doch etwas so lebenspendendes wie der Trost. Nach dem Regen ist der Dreck von den Straßen verschwunden und die Luft ist so frisch, wie nie zuvor. So kommt es mir jedenfalls vor. Der Tag nach einem Regen empfinde ich jedenfalls, schöner als jene nach langem Sonnenschein. Wer will auch ewig auf der Sonnenseite des Lebens leben?“, beendete sie ihren kurzen Monolog mit der Frage, die er sich schon ewig stellte. Eines hatte er vergessen mit einzuberechnen, es war Freitag der 13te und der schlimmste anzunehmende Unfall war eingetreten; 


Herr K. hatte sich zum ersten Mal verliebt!

2 Kommentare:

Lena hat gesagt…

voll schön was du unter den einen post von mir geschrieben hast :) ist doch egal warum, wenn es dir gefällt finde ich das super! vielen dank :)
http://www.hirschrollbraten.blogspot.de/

Nirasavetheworld hat gesagt…

.....das RPG-Land ist nicht mehr genug ;)
miau :)